Bertrand Russell, den wir oben bereits getroffen haben, ein englischer Mathematiker und Philosoph (1872 bis 1970) lehnt Religionen insbesondere das Christentum aus drei Gründen ab: Erstens unterscheiden sich verschiedene Religionen untereinander in ihren Lehren und können daher nicht alle wahr, wohl aber alle falsch sein und eine genauere Analyse spricht für das letztere, zweitens haben sie (vor allem auch das Christentum) mit ihren Vorschriften und Geboten eher menschliches Leid als Glück gefördert, drittens haben sie sich in der Geschichte immer wieder mit aller Macht gegen den Fortschritt der Wissenschaften und auch des humanen Empfindens gestemmt. Russell wusste m.W. noch nicht, dass Religionen fähig sind, Selbstmordattentäter zu züchten, sonst wäre sein Widerstand gegen sie sicher noch härter ausgefallen.3)
Die Ablehnung bestimmter wissenschaftlicher Ergebnisse steht immer noch auf dem Panier sog. fundamentalistischer Glaubensgemeinschaften. So die Ablehnung der Evolutionstheorie verschiedener Gruppen in den USA und dem Orient. Erstaunlich ist, dass dieselben Gruppen alle möglichen anderen technischen Dinge z. B. Auto, Telefon, Fernsehen einschließlich künstlicher Satelliten verwenden, auch zur Verbreitung ihres Glaubens, ohne zu bemerken, dass die Ergebnisse, die sie bekämpfen mit dem gleichen gedanklichen Rüstzeug und der gleichen intellektuellen Integrität und Sorgfalt gefunden wurden, wie die wissenschaftlichen Theorien, auf denen die technischen Dinge beruhen, die sie wertschätzen und benutzen. Man denke da nur an die Tonkassettenkampagne des Ayatollah Khomeini.
Die heilige Schrift, das alte Testament
Auf die Frage, ob die biblischen Schriften von frommen Männern geschrieben oder direkt von Gott inspiriert seien, sagte mir ein Professor der Katholischen Dogmatik, es seien zwar die Aufsätze frommer Männer, aber man müsse das immer unter dem Gesichtspunkt der Offenbarung sehen. Wir nehmen daher hier als Hypothese Gott, den Schöpfer Himmels und der Erden, als Quelle der Offenbarung an, der natürlich das Universum und seine Gesetze im Gegensatz zu uns vollständige kennt. Es ist daher schwer zu glauben, dass Offenbarung beim Schreiben der Genesis, insbesondere der Schöpfungsberichte, stattgefunden hat. Zunächst fällt auf, dass der Himmel nur für die Erde geschaffen wurde, auch war das Universum mit der Erde im Zentrum winzig verglichen mit dem Universum, das wir inzwischen kennen. Laut Bibel fand die Erschaffung der Welt in den folgenden sechs Tagesschritten statt:
Tag: Licht, Tag und Nacht
Tag: Der Himmel
Tag: Meer, Land und die Pflanzen
Tag: Sonne, Mond und Sterne (zum Messen der Tage und Jahre)
Tag: Fische (einschließlich der Wale) und Vögel
Tag: Landtiere und Menschen
Ich weiß nicht mehr, wer die Behauptung aufgestellt hat, man müsse nur verstehen, dass die Tage des Berichtes Erdzeitalter darstellen, um die offenkundige Richtigkeit der Bibel zu akzeptieren. Wie man unschwer erkennt, stimmt aber die Reihenfolge nicht mit der tatsächlichen Erdentwicklung überein. Sterne gab es vor der Erde, Tag und Nacht setzen die Sonne voraus, Landtiere gab es bevor es Vögel gab, Seetiere bevor Landpflanzen. Die Reihenfolge der Ereignisse nach dem biblischen Bericht entspricht wohl eher der Vorstellung und Logik eines Bauern, der weiß, dass sein Vieh Pflanzen zur Nahrung braucht und dass die Pflanzen ohne Licht nicht wachsen, sie ist aber von der Wirklichkeit so weit entfernt, dass man göttliche Offenbarung ausschließen muss.
Die Quellenforschung hat ergeben, und es kann auch dem aufmerksamen Leser nicht entgehen, dass an dem Schöpfungsbericht zwei Schreiber mit sehr verschiedenen Vorstellungen beteiligt waren. Der erste Teil, die sog. Priesterschrift, 1. Moses 1:1 bis 2:3, ist im Vergleich abstrakter und reifer als der zweite Teil, der Bericht des „Javehisten“. Der zweite Teil ignoriert die Reihenfolge des ersten Teils, Pflanzen wachsen erst kurz vor der Erschaffung des Menschen und Landtiere und Vögel werden nach dem Menschen erschaffen und Adam zur Namensgebung vorgeführt (1. Moses 2:19). Dann kommt die Sache mit dem Garten Eden und dem Sündenfall. Gott erscheint fast als ein väterlicher Freund, der sich im Garten ergeht und dabei seine Menschen beim Sündigen erwischt (1. Moses 3:8). In großem Zorn verflucht er seine Geschöpfe und aus Besorgnis, sie könnten sich durch eine zweite Sünde, nämlich durch das Naschen vom Baum des Lebens, das ewige Leben erwerben und ihm Konkurrenz machen (1. Moses 3:22-23), vertreibt er sie aus dem Paradies in das uns geläufige feindliche Leben.
3) Zitate im Anhang